Wencke Tschentscher: Die Kreative hinter den Hamburger Sommergärten

Wencke Tschentscher: Die Kreative hinter den Hamburger Sommergärten 1920 1280 Verena Liebeck
#behind­the­s­cenes

Wencke Tschentscher: Die Kreative hinter den Hamburger Sommergärten

12. Juli 2022

Seit 2019 berei­chert das Konzept der Hamburger Sommer­gärten die Innen­stadt und macht mehr Lust, durch die Stadt zu spazieren. Dahinter stecken unter anderem Designerin Wencke Tschent­scher und ihr Team, die den öffent­lichen Raum für uns alle schöner machen.

In diesen Tagen lohnt es sich, in den Hamburger Himmel zu blicken. Nicht nur, weil er im Sommer meist knallblau und sonnig ist, sondern weil man in der Innen­stadt allerlei hübsch anzuse­hende Objekte im Luftraum entdecken kann. In diesen Tagen starten nämlich wieder die sogenannten Hamburger Sommer­gärten, die 2019 Premiere gefeiert haben und den öffent­lichen Raum mitten in Hamburgs City – vom Gänse­markt über Hohe Bleichen, Passa­gen­viertel, Neuer Wall, Ballindamm bis hin zum Nikolai Quartier  – einfach schöner machen. Und uns allen ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. In diesem Jahr spielt sich die Gestaltung auch im Luftraum ab. So wehen etwa sommer­liche Segel über der Straße des Neuen Walls, die Bäume vom Ballindamm schmücken 2800 Lampions in vielen Farben und sind ein begehrtes Fotomotiv. Wer am hinteren Ende vom Alten Wall vis-à-vis zum neuen Einrich­tungsshop von Ulrich Stein steht und den Blick nach oben richtet, kann zwei geome­trische Luftob­jekte entdecken, deren Farben sich bei Sonne sogar auf der Straße spiegeln. Die Farben zitieren dabei Archi­tektur und Kunst in der Umgebung wie etwa die Farben des Kalei­do­skops im Inneren der Kunst­skulp­turen von Olafur Eliasson. Gold- und Lachs-Töne lassen sich an den Gebäuden im Alten Wall und der benach­barten Handels­kammer entdecken. Die Blautöne reflek­tieren den Himmel und die Fenster und das Grün nimmt Bezug auf die Sommer­gärten generell.

Die zwei geome­trische Luftob­jekte zitieren dabei Archi­tektur und Kunst in der Umgebung, wie etwa die Farben des Kalei­do­skops im Inneren der Kunst­skulp­turen von Olafur Eliasson.

Gestaltung des öffent­lichen Raums als Herzensthema

Ausge­dacht und umgesetzt haben das Konzept der Hamburger Sommer­gärten erneut die Innen­stadt-Bids, vertreten durch Otto Wulff BID Gesell­schaft und die Zum Felde BID Projekt­ge­sell­schaft in Koope­ration mit Wencke Tschent­scher – übrigens nicht verwandt mit unserem Bürger­meister – und ihrem Luminar-Team. Hinter der Abkürzung Bid steckt der Begriff Business Impro­vement District, die von den Grund­ei­gen­tümern der jewei­ligen Stadt­be­reiche gebildet werden.

Sie strahlt, wenn sie von ihrer Arbeit berichtet. „Der öffent­liche Raum ist so spannend. Und man muss sich genau mit dem Standort beschäf­tigen.“ In diesem Jahr hat ihre Arbeit zu neuen Sicht­achsen innerhalb des Nikolai-Viertels, zu dem auch der Alte Wall gehört, geführt. So dass erstmals das Viertel, das als Wiege der Kaufmanns­stadt Hamburg gilt, im Zusam­menhang sichtbar wird.

Wencke Tschent­schers Herz schlägt für den öffent­lichen Raum. Sie liebt Städte in Italien und Spanien, die das ganze Jahr ihre öffent­lichen Plätze insze­nieren. Doch auch bei uns wird das Wetter freund­licher, es regnet weniger und eröffnet mehr Optionen zur Gestaltung von öffent­lichen Räumen. „Es hat ein Umdenken statt­ge­funden. Unsere Innen­städte müssen attrak­tiver werden. Das haben auch die Grund­ei­gen­tümer erkannt“, sagt Tschent­scher. Ihr Herzens­thema hat sie schon früh gefunden, vereint sie doch zwei Ausbil­dungen – Dekora­teurin und Modede­si­gnerin. „Mode ist fein und konzep­tionell und Deko fördert das Vorstel­lungs­ver­mögen im öffent­lichen Raum. Beides ergibt eine perfekte Ergänzung.“ Schon während ihres Modestu­diums in Hamburg arbeitete die Kreative an Dekora­tions-Projekten und baute sich ein Netzwerk auf. 2008 erhielt sie ihren ersten großen Auftrag von der Deutschen Bahn, den Hamburger Bahnhof mit Weihnachts­be­leuchtung zu gestalten. Danach war ihre zweite Berufs­option, Modede­si­gnerin zu werden, Geschichte. Sie entschied sich für Hamburg und die Gestal­tungswelt von öffent­lichen Räumen und gründete ihre Firma Luminar. Mit ihrem Team und einem festen Stamm an freien Mitar­bei­tenden bietet sie alles aus einer Hand: Kreative Konzepte bis zur Umsetzung und sogar Marketing. Mitunter finden Dekora­ti­ons­ob­jekte wie die wunder­schöne Holzsitzbank, die das zweite Jahr jetzt im Alten Wall steht, auch ihren Platz im Lager von Luminar. Mit ihrer anpackenden und optimis­ti­schen Art ermög­licht Wencke Tschent­scher viel, was norma­ler­weise gar nicht so einfach ist.

Die Hamburger Sommer­gärten: mehr Verweil­qua­lität in der City

2019 starteten die ersten Hamburger Sommer­gärten. Und sorgten aus dem Stand weg für Begeis­terung. Noch wichtiger wurde das Projekt nach dem ersten Lockdown 2020. „Die Menschen wollten raus. Die Parks waren voll. Es ging also um Aufent­halts­qua­lität, Sitzmöbel und temporäre Gärten in der Stadt zu schaffen“, erzählt Wencke Tschent­scher. Im letzten Jahr legten Luminar und die Bids noch eine Schippe drauf und schufen an vielen Stellen üppige Pflan­zen­oasen. Allein die Fotos in sozialen Medien sprechen Bände darüber, wie gut das Konzept der Hamburger Sommer­gärten ankommt.

Städte müssen sich wandeln

Angst, dass ihr mal nichts mehr einfällt, hat Wencke Tschent­scher nicht. Auch weil sie sich von vielen Dingen inspi­rieren lässt. Sie reist gerne, besucht Kunst­aus­stel­lungen und saugt neue Eindrücke einfach auf. Inzwi­schen teilt sich ihr Geschäft je zur Hälfte in Sommer- und Winter­pro­jekte auf. Sie hat längst auch viele große Aufträge außerhalb von Hamburg. Besonders stolz ist sie darauf, dass sie dieses Jahr in Berlin am Branden­burger Tor den Weihnachtsbaum schmücken darf. „Ich bin total zufrieden“, freut sie sich. Auch wenn sie Hamburg liebt, ist es ihr wichtig, immer wieder über den Tellerrand zu gucken. Dafür reist sie gerne ins Ausland etwa nach Lissabon, wo sie u.a. die Street-Art schätzt oder in die chile­nische Stadt Valpa­raíso, die auf besondere Weise ihr Weltkul­turerbe mit Kunst­prä­sen­ta­tionen verbindet. Aber sie schaut auch nach München. Richtig gelesen. „München ist oft kreativer als Berlin. Die Stadt war Vorreiter bei Themen wie vegane Restau­rants, bei neuen Gastro-Konzepten und in München entstanden die ersten Stadt­gärten.“ Hamburg hingegen empfindet sie mitunter als zu vorsichtig.

Wie gut jedoch, dass Wencke Tschent­scher und die Bids Überzeu­gungs­arbeit leisten konnten, um die Hamburger Sommer­gärten dauerhaft zu etablieren. In diesem Jahr werden sie sogar bis in den September hinein bestehen bleiben. Sie sind definitiv eine Berei­cherung für die Innen­stadt. Denn Hamburg befindet sich im Wettbewerb mit anderen attrak­tiven Reise­zielen in Deutschland und Europa. Nur eine Stadt, die sich wandelt und Neues präsen­tiert, wird langfristig für Besuchende attraktiv und ein echtes Tor zur Welt bleiben.

https://www.instagram.com/luminar_hh/