Warum das Architektenteam von Kunst +Herbert Fan vom Bestandsgebäude am Alten Wall 38 ist

Warum das Architektenteam von Kunst +Herbert Fan vom Bestandsgebäude am Alten Wall 38 ist 2560 1589 Verena Liebeck
#behind­the­s­cenes

Warum das Architektenteam von Kunst +Herbert Fan vom Bestandsgebäude am Alten Wall 38 ist

26. April 2024

In unmit­tel­barer Nähe zum Rathaus entsteht Stück für Stück am Alten Wall 38 ein general­sa­niertes und erwei­tertes Bestands­ge­bäude, das Ende 2025 zum „Haus der Bürger­schaft“ wird.

Auf den archi­tek­to­nisch ungeübten Blick mag die leere Struktur des Gebäudes am Alten Wall 38 – vis-à-vis der Adolphs­brücke – wie ein nüchternes, ungenutztes Bürohaus wirken. Und mancher hat sich bestimmt schon gefragt, warum das Gebäude nicht einfach abgerissen wird? Es gehört also schon die Fantasie eines Archi­tek­ten­büros wie dem von Kunst + Herbert dazu, das wahre Potential dieses Gebäudes zu erkennen und ihm neues Leben einzu­hauchen. „Jedes Haus verdient - heute mehr denn je – die respekt­volle Prüfung, ob es nicht weiter­ge­nutzt und erhalten werden kann. Auch eine ganz konven­tio­nelle Substanz kann zu charak­te­ris­ti­scher Archi­tektur entwi­ckelt werden“, sagt Christian Herbert, Mitgründer des Hamburger Archi­tek­tur­büros Kunst + Herbert. Und so guckt die Stadt nun darauf, was bis Ende 2025 an diesem Ort entsteht. Denn bereits jetzt ist klar, wer die Mietpartei für das Gebäude ist. Der Alte Wall 38 wird für die Mietlaufzeit von 30 Jahren das neue „Haus der Bürger­schaft“ beher­bergen, in dem auf fast 10.000 m² künftig die Fraktionen und die Bürger­schafts­kanzlei unter einem Dach sitzen werden. Das Landes­par­lament Hamburgs reduziert somit die bishe­rigen fünf externen Standorte auf zwei zentrale und zuein­ander in Fußnähe gelegene Gebäude. Der Bezug des dann general­sa­nierten und erwei­terten Bestands­ge­bäudes wirkt sich im Übrigen positiv auf die Klima­schutz­ziele Hamburgs aus. Ergänzt wird dieser Aspekt noch durch die energe­tische Sanierung der Fassade, effiziente und smarte Gebäu­de­technik sowie eine Photo­voltaik-Anlage auf dem Dach. Kunst + Herbert holt also das ganz große Besteck heraus, um „das Gebäude zu ertüch­tigen“, wie es in der Archi­tek­ten­sprache heißt.

Christian Herbert und Nana Apel vom Archi­tek­turbüro Kunst + Herbert.

Vorreiter für Bauen im Bestand

Das Archi­tek­turbüro hat sich schon früh einen Namen mit dem sogenannten „Bauen im Bestand“ gemacht, lange bevor Nachhal­tig­keits­aspekte in der Baubranche richtig Fuß fassten. „Ich komme vom Land. Ich bin so groß geworden, dass man nichts wegwirft“, erzählt Herbert, dessen Vater auch schon Architekt war, mit einem Augen­zwinkern. Für Art-Invest Real Estate reali­sierten sie bereits das Klöpperhaus am Rödings­markt und das Reese-Haus gegenüber vom Rathaus. Schon 2011 stellte das Team von Kunst + Herbert seine erste DGNB zerti­fi­zierte Sanierung im Einzel­handel / Büro fertig. Damit waren sie Vorreiter, ohne sich damals darüber so recht bewusst zu sein. Für sie war diese Denke eine Selbst­ver­ständ­lichkeit und schon bald merkte die Branche, dass sich nachhaltig sanierte Gebäude auf dem Markt weit besser verkaufen ließen. Vor etwa zehn Jahren nahm dann das Thema Nachhal­tigkeit in der Baubranche insgesamt an Fahrt auf.

Für Christian Herbert und seine Geschäfts­part­nerin Nana Apel hat der Erhalt von Gebäuden aber weit mehr als nur praktische Gründe. „Es geht auch darum, Respekt vor dem zu zeigen, was sich andere gedacht haben und Konzepte in ihrem jewei­ligen Sinne weiter zu denken und zu entwi­ckeln“, so Christian Herbert. Und seine Kollegin ergänzt: „Die promi­nente Lage am Fleet, die Nähe zum Rathaus und der umlie­genden Gebäude machen die Aufgabe sehr inter­essant. Das neue Konzept für das Bestands­ge­bäude muss sich mit den anderen Gebäuden vertragen.“

Dafür ist speziell Nana Apel als Projekt­lei­terin mit den invol­vierten Parteien konti­nu­ierlich im Austausch. Dazu gehören die Vertreter vom Denkmal­schutz genauso wie der Bauherr Art-Invest Real Estate, das Team im Archi­tek­tenbüro und natürlich die künftige Mietpartei. Schließlich geht es auch darum, ein Gebäude zu schaffen, das innerhalb der langen Mietzeit auch eine gewisse Flexi­bi­lität erlaubt, um die Nutzungs­formate der Räume zu verändern. „Es ist ein anspruchs­voller Prozess, alle Heraus­for­de­rungen zusam­men­zu­bringen, ohne Abstriche zu machen. Aber wir haben durch den konstruk­tiven Austausch einen guten Weg gefunden“, konsta­tiert Nana Apel.

Das Baustel­lenbüro vor dem Alten Wall 38.

Das Gebäude wächst in die Höhe

In den nächsten Monaten wird sich das Gebäude merklich verändern. Denn die Aufsto­ckung auf insgesamt acht Stock­werke beginnt in abseh­barer Zeit. Parallel dazu werden die unteren Räume geschlossen und der Grund­ausbau der Technik geht los. Das Gebäude, das früher eine Lager­im­mo­bilie der Deutsche Post war, wird wieder eine Natur­stein­fassade erhalten. Die Steine kommen jedoch nicht wie sonst häufig aus Fernost, sondern von einem Famili­en­be­trieb aus Bayern. Längst gehört das genaue Hingucken auch auf die Nachhal­tigkeit von Materialen inklusive CO2-Bilanz von Liefer­wegen zum Baualltag. Das sanierte Gebäude wird übrigens auch keine KFZ- Stell­plätze mehr haben. Statt­dessen wird es zwei große Räume für Fahrräder geben und Ladesta­tionen für E-Bikes. An seinen alten Stamm­platz am Fleet kehrt das Brauhaus Joh. Albrecht zurück. Es wird wieder über einen Winter­garten zum Fleet verfügen und die tradi­tio­nellen Brauhaus­kessel sollen erneut im Gastraum ihren Platz finden. Man darf gespannt sein, ob das Brauhaus nach Wieder­eröffnung der neue Treff­punkt für die Polit-Prominenz Hamburgs wird.

So wird der Alte Wall 38 zukünftig aussehen.

Ein neuer Baustein für ein pulsie­rendes Leben in der Innen­stadt entsteht

Parallel zum Umbau am Alten Wall 38 laufen die Baumaß­nahmen zur Neuge­staltung des Quartiers am Alten Wall 40. Die Grundlage für den Wettbewerb hierzu stammt von Kunst + Herbert, das anschlie­ßende Verfahren hat das Büro Winking Froh für sich entschieden und reali­siert den Bauab­schnitt am Alten Wall 40. Nach Fertig­stellung beider Bauab­schnitte Ende 2026 hat Art- Invest Real Estate dann fast den gesamten Alten Wall, beginnend vom Rathaus­markt bis hin zum Rödings­markt, zu einem neuen pulsie­renden Boulevard im Herzen Hamburgs entwi­ckelt. Zum Gesamt­konzept gehören zahlreiche Gastro-Highlights, gehobene Shopping-Möglich­keiten, die inter­na­tionale bekannte Hotel­marke The Hoxton Hotel, Kultur­angebote etwa durch das Bucerius Kunst Forum, einen neuen Jazz-Club und das Paradox Museum, die beide in wenigen Monaten eröffnen werden, sowie Wohnungen und Büros. Mehr Liebe zur Bestands­ent­wicklung geht kaum.

Mit beson­derem und liebe­vollem Blick schauen Christian Herbert und Nana Apel nicht nur am Alten Wall auf bestehende Archi­tektur, sondern auch wenn man sie nach Lieblings­ge­bäuden in Hamburg fragt. Denn es werden nicht die üblich verdäch­tigen Archi­tektur-Ikonen genannt. Kunst + Herbert  schätzen an Hamburg die hohe Dichte beson­derer Objekte auf engstem Raum in der abwechs­lungs­reichen Stadt­struktur –.wie zum Beispiel im Kontor­haus­viertel, ein wichtiger Baustein in der Entwicklung von Büroty­po­logien und heute UNESCO Weltkul­turerbe, über die „Schneise“ der Willy-Brandt-Straße, die nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg in einem ganz anderen Maßstab neu entwi­ckelt wurde in der histo­ri­schen Speicher­stadt und schließlich in der HafenCity, einem der größten Entwick­lungs­pro­jekte Europas. Und sie würden sich freuen, wenn das Interesse an Bestands­kon­version und Revita­li­sierung sowie die Reali­sierung entspre­chender Projekte weiter zunehmen würden. Wir sind ganz sicher, dass die Arbeit von Kunst + Herbert ein gutes Stück dazu beitragen wird.

 

Weitere Infos:

https://kunstherbert.de/