Manuel Opitz von Hamburg Pride: „Austausch macht uns insgesamt als Gesellschaft stärker“

Manuel Opitz von Hamburg Pride: „Austausch macht uns insgesamt als Gesellschaft stärker“ 3500 2625 Verena Liebeck
#behind­the­s­cenes

Manuel Opitz von Hamburg Pride: „Austausch macht uns insgesamt als Gesellschaft stärker“

24. Juli 2023

Die PRIDE WEEK findet vom 29. Juli bis 6. August 2023 in Hamburg statt. Wir sprachen mit Manuel Opitz, Vorstand bei Hamburg Pride, über Errun­gen­schaften und was wir alle tun können, um die LGBTIQ+ Community zu stärken.

Der Verein Hamburg Pride e.V. wurde 2003 mit dem Ziel gegründet, die in der Öffent­lichkeit bestehenden Vorur­teile und Diskri­mi­nie­rungen gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexu­ellen, trans und inter­ge­schlecht­lichen Menschen abzubauen und ihre volle recht­liche Gleich­stellung in allen Bereichen des Lebens zu fördern. Was hat sich seitdem getan?

Manuel Opitz: Seit 2003 hat sich in Deutschland eine ganze Menge getan, was die Gleich­stellung von queeren Menschen angeht. Ein wichtiger Meilen­stein war zum Beispiel die Einführung der „Ehe für Alle“. Aber auch in Hamburg geht es voran: Zum Beispiel hat der Senat einen lange von uns gefor­derten Aktionsplan zur Bekämpfung von Homo-, Bi und Trans­feind­lichkeit aufge­setzt und dieses Jahr aktua­li­siert. Zuletzt hat der Bundestag das Trans­fu­si­ons­gesetz geändert, durch die die Diskri­mi­nierung bei der Blutspende beendet werden soll. In den letzten 20 Jahren ist also wahnsinnig viel passiert, und gleich­zeitig gibt es immer noch eine Menge zu tun, damit queere Menschen ohne Diskri­mi­nierung und Angst in Deutschland leben können.

Manuel Opitz, Vorstand bei Hamburg Pride © Paul Schimweg

Fühlt Ihr Euch generell mit Eurem Anliegen in der deutschen Gesell­schaft genug gesehen?

Manuel Opitz: Wir haben den Eindruck, dass viele Menschen der hetero­nor­ma­tiven Mehrheits­ge­sell­schaft denken: „Naja, die queeren Leute haben doch seit der Ehe für Alle alles, was sie gefordert haben“. Aber wenn sie dann hören, dass z.B. die Hasskri­mi­na­lität gegenüber LGBTIQ+ zunimmt, sind sie überrascht und können oftmals nachvoll­ziehen, warum wir so energisch um Sicht­barkeit kämpfen.

In den letzten Jahren hört man immer wieder von zuneh­menden Anfein­dungen, sogar Angriffen auf Menschen aus der Queer Community. Im letzten Jahr habt Ihr eine Kampagne für Vielfalt und gegen Gewalt auf der Straße gemacht. Hat sich seitdem etwas positiv verändert?

Manuel Opitz: Ja. Zum einen haben wir den Eindruck, dass in den Medien generell mehr über diese Gewalt­vor­fälle berichtet wurde und dass dadurch auch anerkannt wurde, dass es hier ein gesell­schaft­liches Problem gibt. Zum anderen gab es viele Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tungen, auf denen die Hamburger Polizei sehr gut deutlich gemacht hat, wie wichtig es ist, Straf­taten zur Anzeige zu bringen. Das heißt, der Austausch zwischen LGBTIQ*-Community und Polizei hat sich verbessert und das freut uns sehr.

© Hamburg Pride

Rund um die Feiern am Chris­topher Street Day formu­liert Ihr auch konkrete Anliegen. Welche sind die wichtigsten Forde­rungen in diesem Jahr?

Manuel Opitz: Das CSD-Motto lautet dieses Jahr „Selbst­be­stimmung jetzt! Verbündet gegen Trans*feindlichkeit“. Es spielt auf das von der Bundes­re­gierung lange geplante Selbst­be­stim­mungs­gesetz an, das endlich das menschen­ver­ach­tende „Trans­se­xu­el­len­gesetz“ (TSG) ersetzen soll. Gleich­zeitig muss man auch sehen, dass trans* Menschen die Gruppe innerhalb der LGBTIQ*-Community ist, die immer noch am meisten mit Vorur­teilen, Hass und Gewalt konfron­tiert ist. Deshalb wollen wir dieses Jahr dazu aufrufen, alle gemeinsam trans* Menschen zu unterstützen.

Dieses Jahr findet die PRIDE WEEK vom 29. Juli bis 6. August in Hamburg statt. Welche Aktivi­täten stehen auf dem Programm in diesem Jahr?

Manuel Opitz: Höhepunkt sind auf jeden Fall die Pride Night, die offizielle CSD-Eröffnung, live auf dem Kampnagel am 29. Juli. Es gibt viel Musik, Talk-Gäste, aber auch Poesie und Politik. Am 3. August findet der Regen­bo­gentag auf dem Hamburger Dom statt: Wir ziehen mit einer großen Parade über das Dom-Gelände, um für queere Sicht­barkeit zu sorgen. Am 4. August startet das CSD-Straßenfest rund um die Binnen­alster mit viel Musik, Infoständen und Gastro­nomie. Und der 5. August ist der Tag der großen Demo, die um 12 Uhr an der Langen Reihe startet.

Wie wichtig es, Menschen außerhalb Eurer Community für die Aktivi­täten zur PRIDE WEEK zu gewinnen? Oder feiert Ihr lieber unter Euch?

Manuel Opitz: Ganz klar: Am liebsten feiern wir mit allen Menschen in Hamburg! Wir finden, dass die Pride Week und der CSD die beste Gelegenheit sind, Menschen zusammen zu bringen – unabhängig von Sexua­lität, Geschlechts­iden­tität, Alter, Religion, Herkunft. Austausch macht uns insgesamt als Gesell­schaft stärker.

Was können Menschen außerhalb Eurer Community tun, um zu helfen, Eure Situation zu verbessern?

Manuel Opitz: Nicht wegschauen, wenn sie z.B. Zeugin oder Zeuge von Hasskri­mi­na­lität werden. Das gilt sowohl im „echten“ Leben als auch in den sozialen Netzwerken, in denen es immer wieder zu Anfein­dungen kommt. Auch im Berufs­leben gibt es viele Möglich­keiten – einfach, indem man Unter­stützung signa­li­siert und dafür sorgt, dass sich die betroffene Person nicht alleine gelassen fühlt.

Weitere Infos zu Hamburg Pride und zur PRIDE WEEK

https://www.hamburg-pride.de/