Prof. Dr. Andreas Hoffmann: „Die Münzen waren die Massenmedien der Antike“

Prof. Dr. Andreas Hoffmann: „Die Münzen waren die Massenmedien der Antike“ 1920 1368 Verena Liebeck
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Prof. Dr. Andreas Hoffmann: „Die Münzen waren die Massenmedien der Antike“

16. November 2022

Vom 8. Oktober 2022 bis 15. Januar 2023 präsen­tiert das Bucerius Kunst Forum mit „Die neuen Bilder des Augustus. Macht und Medien im antiken Rom“ eine Antiken­aus­stellung at its best. Wir sprachen mit Prof. Dr. Andreas Hoffmann, Geschäfts­führer des Bucerius Kunst Forums und Kurator der Ausstellung.

Herr Prof. Dr. Hoffmann, Ihr Haus hat bereits sehr erfolg­reiche Antiken­aus­stel­lungen etwa 2014 mit „Pompeji: Götter, Mythen, Menschen“ gezeigt. Seit wann haben Sie sich mit der Idee zu Augustus beschäftigt?

Prof. Dr. Andreas Hoffmann: In der Tat ist die Pompeji-Ausstellung 2014 sehr gut gelaufen. Wir hatten damals 100.000 Besucher. 2014 war gleich­zeitig das 2000. Todesjahr von Augustus und 2013 sowie 2014 gab es zwei große Ausstel­lungen im Pariser Louvre und in Italien. Er war also schon seitdem bei uns im Kopf. Hinzu kam, dass es 34 Jahre keine Ausstellung zu Augustus in Deutschland gab und wir ein neues Konzept entwi­ckelt haben.

Unter Augustus entsteht ein wahrer Bilderboom und prägt diese Epoche antiker Bildkultur. Wie ist dies einzuordnen?

Prof. Dr. Andreas Hoffmann: Man sieht am Beispiel Augustus wie seine Medien­be­rater ein Bild für ihn als Allein­herr­scher suchen. Cicero rühmt ihn bereits im jugend­lichen Alter als Imperator der Zukunft. Wir können anhand zahlreicher Porträts zeigen, wie Bilder damals bewusst kuratiert und ein neues Kaiserbild erfunden wurde. Besonders inter­essant daran ist, dass sich diese Entwicklung nicht nur auf ihn beschränkt, sondern auch seine Ehefrau Livia mitein­schließt. Sie ist genauso präsent wie er. Auch ihr Image wird sorgfältig kuratiert. Durch Bildnisse in Form von Porträt­köpfen, Büsten, Statuen und Münzen, die in zuvor unerreichter Omnipräsenz in Rom und in den Provinzen Verbreitung fanden, kommu­ni­zierte das Kaiserhaus in diversen Medien mit dem Volk. So wurde ein völlig neues Verständnis von Bildsprache etabliert.

Antike Themen sind sehr komplex. Wie schaffen Sie es, die Hürden für das Publikum niedrig zu halten?

Prof. Dr. Andreas Hoffmann: Zum einen können wir diesen neuen Aspekt der Bildin­sze­nierung sehr gut mit vielen Beispielen konkre­ti­sieren und erlebbar machen. Und zum anderen haben wir natürlich die verschie­denen Inter­es­sen­s­ebenen berück­sichtigt. Die Ausstellung ist also nicht nur für histo­risch Inter­es­sierte gedacht. Wir haben zum Beispiel zum ersten Mal einen Multi­media-Guide für Kinder erstellt. Außerdem ist es völlig legitim, nicht alles zu wissen. Sondern auch durch die Ausstellung zu gehen und zu denken ‚Wow, ist das tolle Kunst aus dieser Zeit.‘ Wir haben zahlreiche Ausstel­lungs­stücke aus großen Antiken­museen der Welt erhalten. Man kann bei dieser Ausstellung wirklich ins Staunen kommen.

Kann man auch einen Bogen zu unserem digitalen Zeitalter schlagen?

Prof. Dr. Andreas Hoffmann: Absolut. Die Münzen waren die Massen­medien der Antike und wurden so einge­setzt wie heute Selfies in Social Media. Unter Augustus erlebte man bereits eine sehr visuell geprägte Zeit. Gesell­schaft und Politik wurden über Bilder vermittelt. Das ist alles sehr aktuell.

Was kann man durch die Ausstellung lernen?

Prof. Dr. Andreas Hoffmann: Da gibt es natürlich viele Aspekte. Etwa wie Rom in dieser Zeit zur Weltstadt wird, was sie nicht war. Aber Augustus räumt regel­recht in der Stadt auf, Rom wird zur Dauer­bau­stelle. Es passiert sehr viel, besonders in den Bereichen Bauskulp­turen und Archi­tektur. Außerdem kann man in der Ausstellung erkennen, wie sich alles zum Monumen­talen entwi­ckelt. Viele Objekte lassen zudem nachvoll­ziehen, welche Motive im öffent­lichen Leben für die Kommu­ni­kation gewählt wurden und warum. Gleich­zeitig wird auch sichtbar, dass die Themen im privaten Wohnraum aller­dings weit entfernt waren von den politisch-öffent­lichen Motiven und vielmehr um die Welt des Bachus und der Venus kreisten.

Antike Ausstel­lungen zu planen ist sehr aufwendig. Was waren die größten Herausforderungen?

Prof. Dr. Andreas Hoffmann: Man hat es natürlich mit ganz prakti­schen Fragen zu tun, wie etwa beim Aufbau mit dem Gewicht der Statuen. Darüber hinaus gibt es wirklich sehr viele Ausstel­lungs­ob­jekte. Wir hatten außerdem mit 20 inter­na­tio­nalen Leihgebern zu tun, die wir zunächst mit einem neuen Konzept davon überzeugen mussten, dass dieses wissen­schaftlich neu und relevant ist. Die ersten Gespräche haben wir bereits 2017 geführt. Hinzu kommt, dass viele Leihgaben nicht länger als drei Monate zur Verfügung stehen. Sie sehen, die Komple­xität einer solchen Ausstellung ist enorm hoch

Die Ausstellung wird wie immer durch ein spannendes Begleit­pro­gramm ergänzt. Was können wir hier erwarten?

Prof. Dr. Andreas Hoffmann: Die Ausstellung wird beispiels­weise flankiert durch eine Rundum­schau von Monumenten aus Lego unter dem Motto: Die neuen Steine des Augustus. Es wird eine Poetry Slam Veran­staltung geben, eine Kopfhörer-Party, eine Student Art Night. Wir haben uns wirklich viele Gedanken um eine Vermittlung in die Breite gemacht.

 

Die Ausstellung steht unter der Schirm­herr­schaft der Botschaft der Italie­ni­schen Republik.

Mit freund­licher Unter­stützung des Minis­te­riums für Kultur der Italie­ni­schen Republik und Förderung durch ExxonMobil.

Weitere Infor­ma­tionen und Tickets:
https://www.buceriuskunstforum.de/